Kinderaugen im Visier
Jedes dritte Kind in der Schweiz ist bereits kurzsichtig – Tendenz steigend. Doch neue Therapien machen Hoffnung. Welche Behandlungsmöglichkeiten schützen Kinderaugen wirklich? Hier erfahren Sie, was Eltern jetzt wissen müssen.

Rund jedes dritte Kind in der Schweiz ist heute kurzsichtig – und es werden immer mehr. Besonders im Schulalter steigt die Zahl rasant an. Wer glaubt, Kurzsichtigkeit sei harmlos, irrt: Ohne rechtzeitige Behandlung drohen langfristige Schäden am Auge. Doch neue Technologien bieten wirkungsvolle Gegenstrategien – viele davon direkt beim Optiker um die Ecke.
Warum Kinder heute immer früher kurzsichtig werden
Kurzsichtigkeit – medizinisch «Myopie» – ist längst keine Seltenheit mehr. In der Altersgruppe der 10- bis 15-Jährigen liegt die Häufigkeit bereits bei über 40 Prozent. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der Betroffenen verdoppelt. Die Hauptursachen sind klar: zu viel Naharbeit, etwa am Tablet oder Handy, und zu wenig Tageslicht. Letzteres senkt die Dopaminausschüttung im Auge – ein Botenstoff, der das unkontrollierte Längenwachstum des Augapfels hemmt.
Welche Risiken drohen bei starker Kurzsichtigkeit?
Wird die Myopie nicht behandelt, kann sie sich verschlimmern. Ab etwa –6 Dioptrien steigt das Risiko für ernste Augenerkrankungen wie Netzhautablösung oder Makuladegeneration deutlich. Im schlimmsten Fall droht später ein Sehverlust. Augenärzte schlagen Alarm: «Je früher die Kurzsichtigkeit beginnt und je stärker sie ausgeprägt ist, desto höher das Risiko für bleibende Schäden.»
Neue Therapien, die wirklich helfen
Spezielle Brillengläser bremsen das Wachstum
Sogenannte Defokus-Brillengläser – etwa MiYOSMART – sind mit winzigen Segmenten ausgestattet, die das Bild gezielt vor die Netzhaut verlagern. Dieser Trick bremst das Längenwachstum des Auges. Studien zeigen: Das Fortschreiten der Myopie kann so im Schnitt um 60 Prozent reduziert werden. Diese Gläser sind inzwischen in der Schweiz erhältlich und werden von Krankenkassen unterstützt.
Tageslinsen mit integriertem Myopie-Management
Kontaktlinsen wie MiSight® 1 day kombinieren scharfes Sehen mit Wachstumsbremse. Das spezielle Dual-Fokus-Design wirkt tagsüber aktiv gegen die Kurzsichtigkeit. Sie sind besonders für sportlich aktive Kinder geeignet – eine 7‑Jahres-Studie bestätigt die Wirksamkeit.
Orthokeratologie: Scharf sehen im Schlaf
Nachtlinsen (Ortho-K) modellieren über Nacht die Hornhaut, sodass tagsüber keine Sehhilfe nötig ist. Besonders praktisch für Kinder, die keine Brille tragen möchten. Die Methode gilt als sicher und kann mit anderen Ansätzen kombiniert werden.
Atropin-Augentropfen: Noch in der Forschung
In sehr niedriger Dosierung können auch Atropin-Augentropfen das Wachstum des Auges verlangsamen. Zwar zeigen Studien vielversprechende Ergebnisse, doch noch fehlen Langzeitdaten zur Verträglichkeit. Der Einsatz erfolgt derzeit meist off-label und sollte augenärztlich begleitet werden.
Myopie-Management in der Schweiz: Früh handeln lohnt sich
Seit Juli 2024 übernehmen Krankenkassen in der Schweiz die Kosten für bestimmte Myopie-Gläser – eine wichtige Erleichterung für viele Familien. Gesundheitsoptiker und spezialisierte Anbieter wie Ryser oder HOYA bieten umfassende Myopie-Checks, biometrische Messungen und individuelle Therapieempfehlungen an. Die Kosten für eine solche Erstberatung liegen meist zwischen CHF 120 und 180 – eine lohnende Investition, um das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit rechtzeitig zu stoppen.
Wichtig zu wissen ist, dass Krankenkassen die Kosten für MiYOSMART- oder vergleichbare Myopie-Gläser nur bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung übernehmen, welche die entsprechende MiGeL-Nummer enthält. Diese Verordnung wird ausschliesslich für Kinder ausgestellt, bei denen ein erhöhtes Risiko für fortschreitende Myopie festgestellt wurde.
Verhalten im Alltag: Kleine Massnahmen mit grossem Effekt
Therapien wirken am besten, wenn sie durch gesunde Alltagsgewohnheiten ergänzt werden:
- Mehr Tageslicht: Zwei Stunden draussen pro Tag senken das Risiko deutlich.
- Regelmässige Bildschirmpausen: Die «20-20-2»-Regel hilft: Alle 20 Minuten für 20 Sekunden in die Ferne schauen – und täglich mindestens 2 Stunden im Freien verbringen.
Eine Kombination aus modernen Therapien, gezielter Beratung und alltagstauglichen Verhaltensregeln schützt Kinderaugen langfristig vor Folgeschäden durch Kurzsichtigkeit.
Wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind kurzsichtig ist oder die Sehentwicklung genau beobachtet werden sollte, wenden Sie sich an einen Gesundheitsoptiker oder Augenarzt in Ihrer Nähe. Viele Optiker bieten spezialisierte Myopie-Programme mit individueller Betreuung an – damit Kinderaugen gesund bleiben.